Fälle des Monats
- 1. Fall des Monats "Februar 2025": Lösungsmittel für Antibiotika - Darf Cefuroxim in Metronidazol gelöst werden?
- Kommentar
- 2. Fall des Monats "Februar 2025": Vorbereitung einer Inhalation - Durchmischung von Salbutamol und Ipratropiumbromid
- Kommentar
1. Fall des Monats "Februar 2025": Lösungsmittel für Antibiotika - Darf Cefuroxim in Metronidazol gelöst werden?
Fall-Nummer:
272050
Zuständiges Fachgebiet:
anderes Fachgebiet: Allgemeinstationen
Altersgruppe des Patienten:
unbekannt
Geschlecht des Patienten:
unbekannt
Wo ist das Ereignis passiert?
Krankenhaus
Welche Versorgungsart:
Routinebetrieb
In welchem Kontext fand das Ereignis statt:
anderer Kontext: Medikamentengabe
Was ist passiert?
Es geht um eine vorbeugende Situation. Im hauseigenen
Standard "Lösungsmittel für Antibiotika" war angegeben, dass Cefuroxim 1,5g mit Metronidazol 0,5g aufzulösen möglich wäre und dieses auch auf Stationen durchgeführt wird. Der Standard wurde im Oktober 2023 aktualisiert und jetzt ist diese Mischung beim neuen Hersteller von Cefuroxim nicht mehr möglich. Es gab diesbezüglich aber keine Information an die Stationen. Dort werden diese Medikamente immer noch gemischt.
Was war das Ergebnis?
Stationen über Aktualisierungen informieren.
Wo sehen Sie Gründe für dieses Ereigniss?
Kommunikation: keine Info seitens Apotheke an Station.
Organisation: fehlende Informationsweitergabe.
Kam der Patient zu Schaden?
Welche Faktoren trugen zu dem Ereignis bei:
- Kommunikation (im Team, mit Patienten, mit anderen Ärzten etc.)
- Organisation (zu wenig Personal, Standards, Arbeitsbelastung, Abläufe etc.)
Wie häufig tritt dieses Ereignis ungefähr auf?
Wer berichtet?
Pflege-, Praxispersonal
Feedback des CIRS-Teams / Fachkommentar
Kommentar:
Autor: Dr. Pamela Reißner, Fachapothekerin für klinische Pharmazie, VITOS gGmbH
Das beschriebene Ereignis scheint bereits einige Patienten erreicht zu haben („[...] werden diese Medikamente immer noch gemischt.“) Ursache hierfür scheint mir eine unzureichende Kommunikation des neuen Standards für die „Lösungsmittel für Antibiotika” zu sein.
Unklar bleibt, ob der Standard unzureichend vom Sender (der Apotheke) kommuniziert wurde oder unzureichend beim Empfänger (der Station) angekommen ist. Vermutlich ist der Verantwortliche in der Apotheke davon ausgegangen, dass auf der Station der neue Standard sorgfältig gelesen wird – und relevante Veränderungen dann vor Ort besprochen bzw. kommuniziert werden. Die Station hätte jedoch eine klarere Information benötigt, dass und welche Inhalte sich im Standard verändert haben. Es wurden somit die Bedürfnisse des Empfängers nicht gesehen / berücksichtigt.
Ein großes Risiko bei festgeschriebenen Standards besteht darin, dass sich zum Beispiel durch Lieferengpässe häufig Präparate in kurzen Abfolgen ändern. Nicht immer können Hersteller lieferbarer Präparate angeben, ob eine chemische Kompatibilität besteht mit anderen Präparaten. Aufgrund der aktuell angespannten Liefersituation muss man ebenfalls hinterfragen, ob festgeschriebene Standards zur Kompatibilität mit Fertigarzneimitteln außerhalb von Lösungsmittel (wie Aqua, NaCl oder G5) sinnvoll sind.
Empfehlungen
Bei Änderungen von Standards sollten alle Perspektiven berücksichtigt werden. Der Verbreitende der Standards muss sich überlegen, wie er eine Information sicher an den Anwender transportiert. Hier hilft es oftmals, mit einigen der Anwender zu sprechen und deren Bedürfnisse in der Kommunikation zu erfassen. Im vorliegenden Fall hätte ein zusätzlicher Hinweis auf dem Standard, z.B. hervorgehoben, oder zusätzlich zum Standard zu den Änderungen, bei dessen Verteilung Abhilfe geleistet.
Ergänzung des Fachkommentars durch das CIRS-Team der BÄK
Zu empfehlen ist die Erstellung einer Standard-SOP, um die wichtigsten und gängigsten Medikamentenmischungen zu erfassen. Diese sollte regelmäßig geprüft und aktualisiert werden. Hilfreich ist hierbei die Klärung und Benennung der Zuständigkeiten und Prozessverantwortliche, um sicherzugehen, dass dieses Thema regelmäßig beleuchtet wird.
Es sollten ebenfalls Mitarbeiterschulungen angeboten und durchgeführt werden, um sicherzustellen, dass Medikamentenmischungen korrekt zubereitet werden.
Literatur:
[1] Fischer S, Schwappach DLB. Efficiency and Safety of Electronic Health Records in Switzerland-A Comparative Analysis of 2 Commercial Systems in Hospitals. J Patient Saf 2022; 18:645-651. https://doi.org10.1097/PTS.0000000000001009
[2] Ratwani RM, Savage E, Will A, Arnold R, Khairat S, Miller K, Fairbanks RJ, Hodgkins M, Hettinger AZ. A usability and safety analysis of electronic health records: a multi-center study. J Am Med Inform Assoc 2018; 25: 1197-1201. https://doi.org/10.1093/jamia/ocy088
2. Fall des Monats "Februar 2025": Vorbereitung einer Inhalation - Durchmischung von Salbutamol und Ipratropiumbromid
Fall-Nummer:
272052
Zuständiges Fachgebiet:
anderes Fachgebiet: Allgemeinstationen
Altersgruppe des Patienten:
unbekannt
Geschlecht des Patienten:
unbekannt
Wo ist das Ereignis passiert?
Krankenhaus
Welche Versorgungsart:
Routinebetrieb
In welchem Kontext fand das Ereignis statt:
anderer Kontext: Medikamentenverabreichung
Was ist passiert?
Täglich werden Inhalationen für Patienten auf Station mit zwei
Medikamenten (Salbutamol und Ipratropiumbromid [Handelsname]) hergestellt. Diese werden mit Kochsalz als Trägerlösung gemischt und dem Patienten inhalativ verabreicht (außer auf Intensivstationen). Laut Apotheke und Herstellerangaben dürfen diese zwei Präparate (Salbutamol und Ipratropiumbromid [Handelsname]) nicht gemischt werden, im Haus wird es aber so gelebt.
Was war das Ergebnis?
Information an alle Stationen
Wo sehen Sie Gründe für dieses Ereigniss?
Organisation: es wird so gelebt, jeder macht es ohne zu hinterfragen
Kam der Patient zu Schaden?
nein
Welche Faktoren trugen zu dem Ereignis bei:
- Kommunikation (im Team, mit Patienten, mit anderen Ärzten etc.)
- Kontext der Institution (Organisation des Gesundheitswesens etc.)
- Medikation (Medikamente beteiligt?)
Wie häufig tritt dieses Ereignis ungefähr auf?
nicht anwendbar
Wer berichtet?
Pflege-, Praxispersonal
Feedback des CIRS-Teams / Fachkommentar
Kommentar:
Autor: Dr. Pamela Reißner, Fachapothekerin für klinische Pharmazie, VITOS gGmbH
Das beschriebene Ereignis, einer als „fehlerhaft” bezeichneten Durchmischung zweier Inhalationslösungen, ist kein Medikationsfehler. Die Möglichkeit der Mischung von Ipratropiumbromid und Salbutamol wurde bereits 2014 von Prof. Dr. Krämer und Team beschrieben, nachzulesen unter: https://www.unimedizin-mainz.de/apotheke/klinisch-pharmazeutische-dienstleistung/inhalationsmanagement.htm.
Problematisch an diesem Fall ist die unzureichende Kommunikation zwischen den Beteiligten. In der Apotheke scheint die Untersuchung von Krämer et al. [1] nicht bekannt zu sein – eventuell wurden hier auch nur Informationen vom Hersteller abgefragt. Problematisch bei der Quelle „Hersteller” ist in Fällen dieser Art, dass es in der Regel keine Untersuchungen zur Mischbarkeit gibt. Somit muss der Hersteller, um den haftungsrechtlichen Regeln zu entsprechen, angeben, dass keine Mischbarkeit gegeben ist.
Empfehlungen
Generell sollte bei Recherchen zu pharmazeutischen Fragestellungen nicht nur eine Quelle einfließen. Verifizierung mit aktuellen Studiendaten bzw. Veröffentlichungen zum Thema sollten erfolgen. So wäre die Information zur Mischbarkeit von Arzneimitteln zur Feuchtinhalationstherapie des Universitätsklinikums Mainz bei kurzer Recherche bereits aufgefallen.
Auf dem Markt existiert ebenfalls ein bereits fertig gemischtes Präparat beider Wirkstoffe [2]. Auch dies hätte bei einer Recherche durch die Apotheke auffallen können; ein Wechsel auf dies einfacher anzuwendende Präparat – mit dann auch höherer „gefühlter” Sicherheit – wäre in diesem Fall zu diskutieren.
Literatur:
[1] Krämer I. et al. Information zur Mischbarkeit von Arzneimitteln zur Feuchtinhalationstherapie, Universitätsklinikum Mainz. Online unter: https://www.akdae.de/fileadmin/user_upload/akdae/Arzneimittelsicherheit/RHB/Archiv/2019/20190408.pdf
[2] Fachinformation Ipramol Teva 0,5 mg+2,5 mg/2,5 ml Steri-Neb® Lösung für einen Vernebler; Stand Januar 2022.