CIRS Berlin ÄZQ Deuschte Krankenhaus Gesellschaft Deutscher Pflegerat e.V.

Fälle des Monats

Fall des Monats "November 2014": Bericht I

  • Titel: Patienteneigene Atemtherapiegeräte I: Atemtherapiegerät der Patientin nicht verwendet
  • Zuständiges Fachgebiet: Anästhesiologie
  • Wo ist das Ereignis passiert?: Krankenhaus
  • In welchem Bereich ist das Ereignis aufgetreten?: Schmerzambulanz
  • Welche Versorgungsart: Routinebetrieb
  • Was ist passiert?: Die Patientin hatte postoperativ kein Atemtherapiegerät. Dies hätte zu Kammerflimmern o.ä. führen können.
    Bericht eines Angehörigen: Meine ältere Mutter wurde stationär in einem Krankenhaus aufgenommen, für eine elektive OP. Meine Mutter ist seit vielen Jahren Schlaf-Apnoe-Patientin. Im Aufwachraum wurde leider nicht das Gerät meiner Mutter mitgegeben. Das ist sehr gefährlich. Auf Nachfragen meinerseits (im Gesundheitswesen tätig) wurde mir mitgeteilt, dass man das Gerät nicht mitgegeben habe, da niemand wusste wie es betrieben wird und vor der OP hätte meine Mutter es selber genommen und eingestellt. Im Gespräch mit den Pflegekräften ist mir deutlich geworden, das den Pflegefachkräften jegliche Informationen über eine Schlaf-Apnoe-Erkrankung fehlte.
  • Wo sehen Sie Gründe für dieses Ereignisses?: Der geschilderte Fall ist einer von vielen, die mir berichtet werden.
    Ursachen:
    • Fehlende Aus- und Fortbildung (Schlafapnoe: Krankheitsbild perioperative Versorgung) des ärztlichen- und nichtärztlichen Personals.
    • Fehlendes Risikobewußtsein bei Unterbrechung der CPAP-Therapie.
    • Gesetzliche Reglungslücke bei der Verwendung der von Patienten mitgebrachten Medizinprodukten im Krankenhaus. Vorgaben der Klinikleitungen patienteneigene Medizingeräte ohne Einweisung nicht einzusetzen, ohne eigene Geräte vorzuhalten.
    • Fehlendes internes Risiko-Audit im Zusammenhang mit den von den Patienten mitgebrachten Atemtherapiegeräten, da die gesetzlichen Reglungen unzureichend sind.
  • Wie häufig tritt dieses Ereignis ungefähr auf?: nicht anwendbar
  • Wer berichtet?: Pflege-, Praxispersonal

Fall des Monats "November 2014": Bericht II

  • Titel: Patienteneigene Atemtherapiegeräte II: CPAP-Therapie unterblieb, da patienteneigenes Gerät
  • Zuständiges Fachgebiet: Neurologie
  • Wo ist das Ereignis passiert?: Krankenhaus
  • In welchem Bereich ist das Ereignis aufgetreten?: Schmerzambulanz
  • Welche Versorgungsart: Routinebetrieb
  • In welchem Kontext fand das Ereignis statt?: anderer Kontext: Stationäre Behandlung wegen Apoplex
  • Was ist passiert?: Medizinisches Personal verweigerte die CPAP-Therapie Die Klinikleitung hatte die generelle Anweisung erteilt, patienteneigene Medizinprodukte ohne Einweisung nicht zu bedienen. Klinikeigene Geräte wurden nicht zur Verfügung gestellt.
  • Wo sehen Sie Gründe für dieses Ereignisses?: Durchführung der CPAP mit einem klinikeigenen Atemtherapiegerät Einweisung des Personal (es sind ca. 100 unterschiedliche Atemtherapiegeräte auf dem Markt, eine Einweisung für alle Geräte ist
    organisatorisch kaum möglich) Generelle Risikoanalyse und Handlungsempfehlung zur Behandlung von Schlafapnoepatienten Aus- und Fortbildung "Schlafapnoe", um das Risikobewusstsein im Zusammenhang mit der Therapie zu stärken
  • Welche Faktoren trugen zu dem Ergebnis bei?:
    • Kommunikation (im Team, mit Patienten, mit anderen Ärzten etc.)
    • Ausbildung und Training
    • Technische Geräte (Funktionsfähigkeit, Bedienbarkeit etc.)
  • Wer berichtet?: andere Berufsgruppe

 

Fachkommentar der Steuergruppe KH-CIRS-Netz Deutschland:

Autorin: Dr. med. Barbara Hoffmann, MPH, in Vertretung der Steuergruppe des Krankenhaus-CIRS-Netz Deutschland

Man kann heutzutage erwarten, dass die Problematik der postoperativen Behandlung von Patientinnen und Patienten mit einem Schlaf-Apnoe-Syndrom in Anästhesie-Abteilungen bekannt ist. Zu diesen Besonderheiten gehört auch, dass - wenn möglich - eine Regionalanästhesie durchgeführt wird.

Wenn eine Allgemeinanästhesie erforderlich ist, sollten die Patienten im vollständig wachen Zustand extubiert werden und somit sollte bei ihnen keine Wirkung von Muskelrelaxantien mehr vorhanden sein. Bei der postoperativen Analgesie sollte möglichst auf sedierende Analgetika, d.h. vor allem Opioide, verzichtet werden. Aus diesem Grund (keine Relaxanswirkung mehr, wacher Patient ohne sedierende Analgetikawirkung) sollten sie dann sehr schnell wieder das eigene CPAP-Gerät bedienen können, das bereits präoperativ mit in den OP gegeben wurde, damit es postoperativ sofort zur Verfügung steht.

Bei einer geplanten Aufnahme von Patienten mit einem eigenen Atemtherapiegerät ist zu berücksichtigen, dass die Bedienung des Gerätes ggf. nicht durch den Patienten selbst erfolgen kann. Es sollte im Voraus geklärt werden, wie die Durchführung und Überwachung der Atemtherapie erfolgt - mit dem patienteneigenen oder einem klinikeigenem Atemtherapiegerät. Den Patienten mit einem Schlaf-Apnoe-Syndrom bzw. den Angehörigen wird empfohlen, sich im Vorfeld des geplanten Krankenhausaufenthaltes über die Atemtherapie zu informieren und diese mit den betreuenden Ärzten abzustimmen.

Hinsichtlich der Frage, ob und inwieweit von Patienten mitgebrachte Medizinprodukte im Krankenhaus verwendet werden können bzw. sollten oder müssen, gibt es keine gesetzliche Regelung und auch keine einschlägige Rechtsprechung. Die in diesem Zusammenhang auftretenden Fragen sind von daher weitestgehend ungeklärt.

Eine ausführliche Aufarbeitung der Thematik findet sich in dem Fachbeitrag „Management der Medizintechnik - Risikoaudits erhöhen die Patientensicherheit" [1]. Dieser Beitrag stellt unterschiedliche Szenarien sowie die unterschiedlichen diesbezüglichen Literatur-Meinungen dar, wobei unklar ist, welche der getroffenen Aussagen gerichtsfest sind. Dies wird auch als Fazit zur Rechtslage festgestellt, nämlich dass es derzeit keine klare und eindeutige Zuordnung der Betreiberpflichten für die Medizinprodukte gibt, die im Besitz eines Patienten sind und vom Patienten in das Krankenhaus mitgebracht werden.

Literatur:
1. Rimbach-Schurig M, Hölscher U. Management der Medizintechnik - Risikoaudits erhöhen die Patientensicherheit. mt-Medizintechnik 2012;132(4):146-51.