Fälle des Monats
- Fall des Monats "August 2014": "Das kommt mir Chinesisch vor" Kurzinfusionsflasche mit asiatischen Schriftzeichen
- Fachkommentar des Fachbeirats CIRSmedical.de
Fall des Monats "August 2014": "Das kommt mir Chinesisch vor" Kurzinfusionsflasche mit asiatischen
Schriftzeichen
- Titel: "Das kommt mir Chinesisch vor" Kurzinfusionsflasche mit asiatischen Schriftzeichen
- Wo ist das Ereignis passiert?: Krankenhaus
- Welche Versorgungsart?: Routinebetrieb
- In welchem Kontext fand das Ereignis statt?: Nichtinvasive Massnahmen (Diagnostik / Therapie)
- Was ist passiert?: Von der Intensivstation kommt ein Patient mit einer Antibiose-Kurzinfusionsflasche auf Normalstation. Außer der Bezeichnung "2 g" sind nur asiatische Schriftzeichen zu erkennen.
- Wo sehen Sie Gründe für dieses Ereignis und wie hätte es vermieden werden können?: Kommunikation; Apotheke hatte Intensivstation über die Auslieferung nicht-deutschen Medikaments informiert, die Info wurde nicht an die weitergeleitet bzw. das Medikament wurde nicht beschriftet.
- Welche Faktoren trugen zu dem Ergebnis bei?:
- Kommunikation (im Team, mit Patienten, mit anderen Ärzten etc.)
- Teamfaktoren (Zusammenarbeit, Vertrauen, Kultur, Führung etc.)
- Organisation (zu wenig Personal, Standards, Arbeitsbelastung, Abläufe etc.)
- Wie häufig tritt dieses Ereignis ungefähr auf?: monatlich
- Wer berichtet?: Pflege-, Praxispersonal
Fachkommentar des Fachbeirats CIRSmedical.de:
Autorinnen:
Dr. rer. biol. hum. Gesine Picksak, Fachapothekerin für Arzneimittelinformation und Klinische Pharmazie, MHH, Hannover für den Ausschuss Arzneimitteltherapiesicherheit des Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker e.V. (ADKA)
Dr. med. Julia Rohe, MPH, Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin, Berlin
In diesem Bericht geht es um eine Kurzinfusionsflasche eines Antibiotikums, welche ausschließlich mit asiatischen Schriftzeichen beschriftet ist. Der Name des Wirkstoffes wurde vom Berichtenden im Bericht nicht genannt.
Hintergrund:
Sehr wahrscheinlich handelt es sich bei dem betroffenen Medikament um ein Antibiotikum, welches über viele Monate hinweg in Deutschland aufgrund eines Lieferengpasses nicht verfügbar war. So lieferte die betroffene deutsche Pharmafirma automatisch bei Bestellung des Medikamentes das Ersatzpräparat mit den asiatischen Schriftzeichen auf dem Etikett aus (siehe Foto des vermutlichen Medikaments unten) und schickte jeweils pro Durchstechflasche eine deutsche Fachinformation mit. Eine solche Ersatzlieferung ist als Import nach AMG § 73,3 möglich.
Für die im Bericht fehlende Informationsweitergabe sind folgende Möglichkeiten denkbar:
- Die vom Hersteller mitgelieferte deutsche Fachinformation ging entweder in der Apotheke oder auf Station verloren (sie waren lose der Arzneimittelverpackung beigelegt).
- Die Fachinformation wurde nicht mit auf die Intensivstation geschickt.
- Die Fachinformation wurde nicht von der Intensiv- auf die Normalstation mitgegeben und/oder die Information über das Antibiotikum wurde bei der Übergabe nicht kommuniziert.
- Die Fachinformation fand keine Beachtung beim anwendenden Personal.
Lösungsstrategien:
- Schriftliche deutsche Übersetzung des Arzneimittelnamens durch die Apotheke auf jede Durchstechflasche aufbringen.
- Einen Aufkleber auf jede Flipp-Off-Kappe mit den wichtigsten Angaben z. B. Produktnamen, Wirkstoff, Verdünnung mit kompatibler Trägerlösung, Infusions-/Injektionsgeschwindigkeit usw. kleben.
- Deutsche Fachinformation mittels Gummiband durch die Apotheke an jeder Durchstechflasche anbringen und so mit auf Station schicken.
Wenn Wirkstoffe routinemäßig in größeren Volumen in einer kompatiblen Trägerlösung verdünnt werden, müssen die fertigen Infusionslösungen ausreichend etikettiert werden. Dazu gehören mindestens der Wirkstoff, die Wirkstoffmenge, die Trägerlösung mit Volumen und natürlich der Patientenname.
Darüber hinaus sollte eine Kurzinfusionsflasche mit unbekannten Schriftzeichen und ohne deutsche Beschriftung immer zu Kommunikation zwischen den beteiligten Abteilungen (hier Normalstation, Apotheke, Intensivstation) bzw. zu Rückfragen innerhalb des Teams (Arzt/Pflegekraft) führen. Außerdem sollte ein solcher Fall die Überprüfung des Prozesses für Medikamente mit fremdsprachigen Beschriftungen veranlassen.
Weitere Informationen:
- Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Lieferengpässe von Humanarzneimitteln. Das Bundesinstitut für und (BfArM) bietet eine Übersicht zu aktuellen Lieferengpässen für Humanarzneimittel in auf der Basis freiwilliger Informationen der Zulassungsinhaber an.
www.bfarm.de/DE/Arzneimittel/Pharmakovigilanz/Risikoinformationen/Lieferengpaesse/lieferengp.html (04.06.2014) - Green KF, Hoppe-Tichy T. Methode zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit bei Importen. Poster. Krankenhauspharmazie 2013;34(6):315-6.
www.adka.de/solva_docs/Poster61Dresden2013.pdf (27.08.2014)
- Medien:
Dateiname: KH-CIRS-Netz D_ Foto-asiatische-Schriftzeichen.jpg
Kommentar: Beispiel für eine Kurzinfusion mit asiatischen Schriftzeichen
Krankenhaus-CIRS-Netz-Deutschland: Fall des Monats August 2014
Medien zu Fall 110804
Quelle: Dr. Gesine Picksak