Fälle des Monats
- Fall des Monats "April 2025": Fehlende erforderliche Informationsweiterleitung - Pat. wurde nicht persönlich in der Pflegeeinrichtung übergeben
- Kommentar
Fall des Monats "April 2025": Fehlende erforderliche Informationsweiterleitung - Pat. wurde nicht persönlich in der Pflegeeinrichtung übergeben
Fall-Nummer:
27442
Zuständiges Fachgebiet:
Innere Medizin
Altersgruppe des Patienten:
71-80
Geschlecht des Patienten:
weiblich
Wo ist das Ereignis passiert?
Krankenhaus
Welche Versorgungsart:
Notfall
In welchem Kontext fand das Ereignis statt:
Organisation (Schnittstellen / Kommunikation)
Was ist passiert?
Patientin (schwer dementiell erkrankt) aus Pflegeeinrichtung in ZNA durch Rettungswagen (RTW) verbracht. Dort wurde festgelegt, dass Patientin in Pflegeeinrichtung zurückverlegt werden kann. Aufgrund unzureichender RTW-Kapazitäten wurde ein Taxi bestellt. Der Taxifahrer fuhr nach dem Aussteigen der Patientin vor der Pflegeeinrichtung weiter. Mitarbeiter des Pflegedienstes fand wenig später die Patientin, allein auf dem Gelände herumlaufend.
Was war das Ergebnis?
Patientin lief auf dem Gelände der Pflegeeinrichtung umher, im Winter hätte es leicht zur Unterkühlung bzw. Erfrierungen kommen können, die Patientin hätte sich zudem verlaufen können, ggf. als "hilflose Person", erschöpft und geschwächt, aufgefunden werden.
Wo sehen Sie Gründe für dieses Ereigniss?
Der Rettungsdienst stand aus Kapazitätsgründen zur Rückverlegung nicht zur Verfügung, der Taxifahrer wurde nicht informiert, dass Patientin dem Personal der Pflegeeinrichtung sozusagen persönlich "übergeben" werden muss.
Das Pflegepersonal der ZNA sowie der ärztliche Dienst versäumten die erforderliche Informationsweiterleitung an den Taxifahrer.
Kam der Patient zu Schaden?
nein
Welche Faktoren trugen zu dem Ereignis bei:
- Kommunikation (im Team, mit Patienten, mit anderen Ärzten etc.)
- Kontext der Institution (Organisation des Gesundheitswesens etc.)
Wie häufig tritt dieses Ereignis ungefähr auf?
jährlich
Wer berichtet?
andere Berufsgruppe
Feedback des CIRS-Teams / Fachkommentar
Kommentar:
Kommentar der Steuergruppe des Krankenhaus-CIRS-Netz Deutschland 2.0:
Vielen Dank für Ihre Eingabe.
Wie der Berichtende angibt, wurde aufgrund unzureichender RTW-Kapazitäten ein Taxi für den Rücktransport bestellt. Allerdings hat der Taxifahrer die Patientin nicht persönlich in der Pflegeeinrichtung abgegeben. Dies führte dazu, dass die Patientin allein und orientierungslos auf dem Gelände unterwegs war.
Weiterhin erfolgte keine Information an den Taxifahrer, dass die Patientin persönlich an die Pflegeeinrichtung bzw. an den Pflege(wohn)bereich übergeben werden soll. Aber anscheinend hat auch der Taxifahrer die Patientin so eingeschätzt, dass sie den Weg allein findet und ggf. sogar selbständig ihre Tasche / Patienteneigentum tragen kann.
Die Wahl des Beförderungsmittels sollte den Patientenzustand berücksichtigen. Leider ist aus dem Bericht nicht ersichtlich, wie lange die Wartezeit auf einen RTW (oder doch KTW?) betragen hätte, so dass auf das Taxi zurückgegriffen wurde.
"§ 4 Auswahl des Beförderungsmittels
Maßgeblich für die Auswahl des Beförderungsmittels gemäß der §§ 5 bis 7 ist ausschließlich die zwingende medizinische Notwendigkeit im Einzelfall unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots. 2Für die Auswahlentscheidung sind deshalb insbesondere der aktuelle Gesundheitszustand der Patientin oder des Patienten und ihre oder seine Gehfähigkeit zu berücksichtigen.
§ 5 Rettungsfahrten
(1) Patientinnen und Patienten bedürfen einer Rettungsfahrt, wenn sie aufgrund ihres Zustands mit einem qualifizierten Rettungsmittel (Rettungswagen, Notarztwagen, Rettungshubschrauber) befördert werden müssen oder der Eintritt eines derartigen Zustands während des Transports zu erwarten ist.
(2) Rettungswagen (RTW) sind für Notfallpatientinnen oder Notfallpatienten zu verordnen, die vor und während des Transportes neben den Erste-Hilfe-Maßnahmen auch zusätzlicher Maßnahmen bedürfen, die geeignet sind, die vitalen Funktionen aufrecht zu erhalten oder wieder herzustellen.
[...]
§ 6 Krankentransporte
(1) Ein Krankentransport kann verordnet werden, wenn Patientinnen oder Patienten während der Fahrt einer fachlichen Betreuung oder der besonderen Einrichtungen des Krankentransportwagens (KTW) bedürfen oder deren Erforderlichkeit aufgrund ihres Zustandes zu erwarten ist. 2Die fachliche Betreuung in Krankentransportwagen wird nach den maßgeblichen landesrechtlichen Vorschriften durch qualifiziertes nicht-ärztliches Personal gewährleistet. 3Die medizinisch-technische Einrichtung ist nicht auf die Beförderung in Notfällen ausgelegt.
§ 7 Krankenfahrten
(1) Krankenfahrten sind Fahrten, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln, privaten Kraftfahrzeugen, Mietwagen oder Taxen durchgeführt werden. 2Zu den Mietwagen zählen zum Beispiel auch Wagen mit behindertengerechter Einrichtung zur Beförderung von Rollstuhlfahrern.
[...]
§ 8b Verordnung im Rahmen des Entlassmanagements
Soweit es für die Versorgung der oder des Versicherten unmittelbar nach der Entlassung aus dem Krankenhaus erforderlich ist, kann das Krankenhaus (die Krankenhausärztin, der Krankenhausarzt, die Krankenhauszahnärztin, der Krankenhauszahnarzt, die Krankenhauspsychotherapeutin, der Krankenhauspsychotherapeut) im Rahmen des Entlassmanagements wie eine Verordnerin oder ein Verordner nach § 1 Nummer 1 bis 3 nach der Entlassung eine Krankenbeförderungsleistung entsprechend dieser Richtlinie verordnen.” [1]
Dieser Bericht sollte als Anlass genommen werden, einen Kriterienkatalog zu erstellen, wann welcher Transportdienst indiziert ist und wie wichtige Patienteninformationen weitergegeben werden. Welche Wartezeit ist zulässig bzw. sollte toleriert werden, wenn kein zeitnaher Krankentransportdienst zur Verfügung steht?
Welche (Patienten-)Informationen sollte / darf ein Taxifahrer erhalten, wenn ein Rücktransport in eine stationäre Pflegeeinrichtung ansteht?
Literatur:
[1] Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses. Richtlinie über die Verordnung von Krankenfahrten, Krankentransportleistungen und Rettungsfahrten nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 12 SGB V (Krankentransport-Richtlinie/KT-RL) in der Fassung vom 22. Januar 2004, veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 18 (S. 1342) vom 28. Januar 2004, in Kraft getreten am 1. Januar 2004, zuletzt geändert am 19. September 2024, veröffentlicht im Bundesanzeiger (BAnz AT 16.12.2024 B3), in Kraft getreten am 17. Dezember 2024. Online: https://www.g-ba.de/downloads/62-492-3674/KT-RL_2024-09-19_iK-2024-12-17.pdf
Weiterführende Literatur:
[1] Bundesministerium für Gesundheit: Entlassmanagement. Stand: 15. Oktober 2024. Online: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/begriffe-von-a-z/e/entlassmanagement.html
[2] [2] Rahmenvertrag über ein Entlassmanagement beim Übergang in die Versorgung nach Krankenhausbehandlung nach § 39 Absatz 1a SGB V (Rahmenvertrag Entlassmanagement) in der Fassung der 12. Änderungsvereinbarung vom 03.06.2024. Inkrafttreten zum 01.07.2024. Online: https://www.kbv.de/media/sp/Rahmenvertrag_Entlassmanagement.pdf